Im Rahmen unseres Projekts habe ich ein Interview mit dem Principal Press Officer der Europäischen Zentralbank, Niels Bünemann, geführt. Dieses könnt ihr hier im Wortlaut nachlesen:
Herr Bünemann, was wird mit dem Euro und den Ersparnissen der Bürger passieren?
Es gibt eine starke Verpflichtung seitens der Politik und auch der Europäischen Zentralbank, dass der Euro weiterhin Bestand hat. Für die Bürger, die Ersparnisse in Euro besitzen, ist es wichtig, dass die Kaufkraft erhalten bleibt. Daher hat die EZB die Aufgabe für Währungsstabilität zu sorgen. Dies ist uns in den letzten 13 Jahren auch gelungen.
Gibt es den „einen“ Weg aus der Krise?
Wir können den Weg aus der Krise nur beschreiten, wenn die Regierungen künftig die richtigen politischen Entscheidungen treffen.
Ist die Krise nur durch eine verfehlte Politik verursacht worden?
Es ist Aufgabe der einzelnen Regierungen, über die Verwendung von Steuermitteln zu entscheiden. Dabei kommt es auch vor, dass der Staat mehr Geld ausgibt, als einnimmt und daher Schulden macht. Unter den Euro-Staaten wurde von Beginn an vereinbart, dass der Verschuldung Grenzen gesetzt werden sollen. Diese Grenzen haben die Regierungen nicht eingehalten. Es wurde eine falsche Fiskalpolitik betrieben, wodurch eine übermäßige Verschuldung verursacht wurde. Die Entscheidungen der Vergangenheit müssen nun korrigiert werden.
Kann der Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB einen Weg aus der Krise darstellen?
Nein, das ist nicht der Weg aus der Krise. Wir brauchen politische Entscheidungen. Die Geldpolitik der EZB ist lediglich der Versuch, mit einem Zinssatz die Entwicklung der Nachfrage in der Volkswirtschaft zu beeinflussen. Wenn der Zins erhöht wird, schreckt dies die Nachfrage ab. Umgekehrt stimuliert eine Senkung des Zinses die Nachfrage. Die Anpassung des Zinssatzes ist das Instrument der EZB, um Angebot und Nachfrage zu regeln. Das setzt aber voraus, dass dieser Zinssatz korrekt in die reale Wirtschaft übermittelt wird. Um dies zu erreichen, brauchen wir Finanzmärkte, die gut funktionieren. Das aktuelle Problem ist, dass die Märkte gestört sind. Dies lässt sich auch an der Entwicklung der Märkte für verschiedene Staatsanleihen ablesen. Da haben wir als Zentralbank die Pflicht in die Märkte einzugreifen, wenn unsere Geldpolitik nicht richtig übermittelt wird. Auf diese Entwicklungen hat der EZB-Rat mit dem möglichen Ankauf von Staatsanleihen reagiert. Diese Aktivität stellte keine Finanzierung von Staaten dar. Die EZB greift in die bestehenden Märkte ein, um die Geldpolitik besser funktionieren zu lassen.
Kritiker befürchten durch das Vorgehen der EZB allerdings eine Inflation.
Der EZB-Rat hat bei der Einführung des Euros das Versprechen abgegeben, dass die Inflationsrate auf mittlere Sicht unter, aber nahe bei 2 Prozent liegen wird. Dieses Versprechen hat die Europäische Zentralbank - unter Mitwirkung der nationalen Zentralbanken einscliesslich der Deutschen Bundesbank - in den vergangenen 13 Jahren gehalten und wir werden dies auch künftig tun. Es gibt derzeit keine Anzeichen für eine Inflationsgefahr.
Ist ein Ende der Krise überhaupt absehbar?
Die Staaten sind so hoch verschuldet, dass es einige Zeit dauern wird, diese Lasten wieder abzubauen. Abbau von Schulden ist die Voraussetzung dafür, dass in den Finanzmärkten wieder Vertrauen geschaffen wird und die Wirtschaft wieder besser funktioniert. Und dieses Vertrauen setzt mutige politische Entscheidungen voraus. Eine struklturelle Veränderung, die jetzt ansteht ist es, dass die EU-Mitglieder einen Teil ihrer nationalen Souveränität auf europäischer Ebene teilen. Wenn die Zeichen für eine verstärkte europäische Zusammenarbeit gesetzt sind, ist ein Ende der Krise absehbar. Dies wird allerdings länger dauern.
Immer wieder wird der Ausstieg kriselnder Länder aus der Euro-Zone öffentlich diskutiert. Wie stehen Sie zu solchen Vorschlägen?
Die EZB will den gesamten Euroraum erhalten und wenn möglich künftig auch weiter ausbauen. Diese Erweiterung ist eine politische Entscheidung, nicht eine Entscheidung der EZB. Sie wird sicherlich nicht realisiert, bevor ein Weg aus der Krise gefunden ist. Unsere Annahme ist, dass der Euroraum in der aktuellen Zusammensetzung erhalten bleibt.